Schmerz wird Passion
In seinen PERSPEKTIVEN greift Ansgar Hörsting, Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, einen Aspekt aus dem Leben oder ein Thema aus der öffentlichen Diskussion auf.
Schmerz ist, wenn er gering auftritt, unangenehm. Jestärker er wird, desto unerträglicher. Wenn er überwunden werden kann, ist Schmerz manchmal auch eine Kraft unglaublicher Schaffenskraft. Was ich damit meine?
PRÄGENDE GLAUBENSSCHMERZEN
Wenn ich anderen mein Leben erzähle, dann berichte ich davon, wie ich als Jugendlicher völlig orientierungslos zwischen Dutzenden von Weltanschauungen und Lebensbewältigungsstrategien
schwankte. Ich war verzweifelt. Es war eine schmerzhafte Suche. Als ich mit 20 Jahren Jesus Christus kennenlernte, stillte er diesen Schmerz. Der Glaube an Gott durch Jesus, der Friede, den er schenkt, die Orientierung an ihm und seinem Wort als letzte Autorität, erfüllten mich. Die Suche hatte endlich ein Ende. Dafür war ich Menschen, die mir nachgegangen sind und mir Jesus
Christus nahe gebracht hatten, unendlich dankbar.
Andere erzählen andere Geschichten. Es fiel mir nicht immer leicht, zu verstehen, was sie bewegt. Manche erzählen, dass sie in frommen Familien aufgewachsen waren, dass sie den Glauben von Kindesbeinen an vermittelt bekamen, und ihn auch gerne annahmen. Einige von ihnen erzählten aber auch, dass sie in gesetzlicher Enge aufwuchsen. Der Glaube wurde zu einer rein moralischen Angelegenheit und definierte sich vor allem über Verbote. Andere hatten das Gefühl, sie dürften nicht wirklich nachdenken und den Glauben kritisch hinterfragen. Ihr Schmerz war eine Kindheit und Jugend voller Angst vor Gott, voller Denk- und Lebensverbote.
VOM SCHMERZ ZUR BEFREIUNGSKRAFT
Warum erzähle ich das? Weil ich feststelle, wie sehr der Schmerz unseres Lebens eine Quelle unserer Schaffenskraft werden kann. Meine persönliche Lebenserfahrung gibt mir die Kraft, mich immer und immer wieder dafür einzusetzen und alle meine Energie dahin zu investieren, dass Jesus Christus bekannt gemacht wird. Für mich gibt es keine „hoffnungslosen Fälle“. Jugendliche, die nach Leben oder Gott suchen, sind für mich ganz nah an ihm dran. Es muss ihnen nur jemand das Evangelium erzählen.
Die anderen, von denen ich hier erzählte, entwickeln eine starke Energie, um sich freizuschaufeln von Verboten und moralisierenden Gottesbildern. Das ist mühsam, aber die Lebenserinnerung lässt ihnen keine Ruhe. Sie reagieren allergisch auf gesetzliche Enge. Davon haben sie endgültig genug. Wenn sie den Glauben nicht über Bord werfen, besteht ihre Aufgabe darin, das Evangelium so zu empfangen und zu erzählen, dass die befreiende Kraft dieser Botschaft zutage tritt.
QUELLE FÜR VERÄNDERUNG
Zwei verschiedene Herkünfte. Zwei verschiedene Schmerzgeschichten. Ein Heilmittel! Die Botschaft von Jesus Christus. Oder wie Martin Luther den „Schatz der Kirche“ nannte: das heilige Evangelium der Herrlichkeit und Gnade Gottes (These 62).
Ich denke an Nehemia, den es schmerzte, von der zerstörten Mauer Jerusalems zu hören. Es ist der Beginn einer einmaligen Wiederaufbaugeschichte. Ich denke an Minderheiten, die Verletzungen erleiden. Sie haben Energie, um ihre Rechte einzuklagen, während die Mehrheitsgesellschaft staunt, was mit wenigen Leuten gelingen kann. Ich denke an Menschen, die Missbrauch erfahren haben. Ihr Schmerz ist oft eine lebenslange Quelle von Wut und Verzweiflung. Wenn sie Heilung erfahren – was schwer ist – sind diese Leute eine Quelle von Ermutigung und ein Zeugnis von Durchhaltevermögen.
HEILMITTEL EVANGELIUM
Schmerz zeigt uns, dass etwas nicht in Ordnung ist. Er ist ein wichtiges Warnsignal! Aber die Ursache des Schmerzes braucht Heilung. Denn nur dann kann er eine Quelle zum Guten sein. Unser Körper kann ein Schmerzerinnerung entwickeln. Da ist die Schmerzursache behoben, aber unsere Erinnerung funktioniert trotzdem noch. So auch in unserer Seele. Sie hat ein langes Gedächtnis.
Ich komme zurück zu Jesus Christus. Man nennt ihn auch den „Schmerzensmann“, weil er nach Jesaja 53,4 unsere Schmerzen auf sich nahm. Er heilt. Er ist unser Heil. So können schmerzvolle Erinnerungen unseres Lebens zu einer Kraft werden. Die Passionszeit (Leidenszeit) ist eine Gelegenheit, dem Schmerzensmann neu zu begegnen.
Ansgar Hörsting | Präses Bund FeG | praeses.feg.de
Dieser Artikel ist erschienen in der FeG-Zeitschrift CHRISTSEIN HEUTE 03/2021 >>
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