„Es ist für mich ein Genuss, wenn der Gottesdienst mit einem guten Segen angeschlossen wird.“
Johanna Böckler | Studentin der Theologischen Hochschule Ewersbach
Segen und Sendung
aus der Gottesdienstwerkstatt der Theologischen Hochschule Ewersbach
Warum erbitten wir am Ende unserer Gottesdienste eigentlich einen Segen? Dies entspringt erstmal einer menschlichen Regung. Der Blick in die Bibel führt weiter. Dort fällt auf, dass die Briefe des Neuen Testaments zumeist mit Segensgruß beginnen und ebenso mit einem Segenswunsch enden (Römer 1,7 u. 16,20; Philipper 1,2 u. 4,23). Ganz offensichtlich war es in neutestamentlicher Zeit üblich, Briefe mit guten Wünschen zu eröffnen und ebenso zu schließen. Das galt nicht nur für medial vermittelte Begegnungen wie den Brief, sondern auch für solche realer Natur. Auch unsere Sprache erinnert noch an diese alte Gewohnheit. Sowohl das süddeutsche „Grüß Gott“ als auch norddeutsche „Tschüss“ waren ursprünglich Begrüßungen und Abschiede mit Segenswunsch. Man darf annehmen, dass auch die alten christlichen Gottesdienste so gestaltet wurden. Was für einzelne Begegnungen richtig war, wurde wohl auch bei der gemeinsamen Feier am Tag des Herrn praktiziert. Und so tun wir es auch heute noch.
Doch was geschieht nun beim Segnen? Entgegen manchen Vorstellungen ist hervorzuheben, dass alle Menschen bereits gesegnet sind. Als Teil der Schöpfung Gottes stehen sie mit den Tieren unter dem Segen Gottes (1. Mose 1, 22,28). Und das gilt noch viel mehr für alle Christen und Christinnen. Denn durch ihre Gemeinschaft mit Christus sind sie bereits mit „allem geistlichen Segen“ ausgestattet (Epheser 1,3). Man möchte meinen: Mehr geht nicht – und es stimmt! Der Segen ist da. Wir müssen ihn nicht erflehen, in Christus ist er bereits unter uns. Wenn wir uns nun in Briefen, bei Begrüßungen oder in Gottesdiensten
Gottes Segen wünschen, dann geht es darum, dass dieser in Christus eröffnete Segen sich auch realisiert. Jeder Segenswunsch ist somit auch eine Erinnerung an die Gnade, die wir bereits erhalten haben.
Das Besondere am Segen
Was unterscheidet den Segen nun von einer Bitte? Hier gilt es, sorgsam zu formulieren. Sprachlich gesehen ist der Segen nämlich ein Sonderfall. Bei einer „Bitte“ wende ich mich an Gott, damit er mir helfen möge. Bei einer „Fürbitte“ wiederum wende ich mich an Gott, damit er jemand anderem beistehen möge. Doch bei einem „Segen“ wende ich mich direkt an den betreffenden Menschen und wünsche ihm Gottes Hilfe. Diese Sprachform macht den Segen unvergleichlich und lässt ihn für viele Menschen auch so attraktiv erscheinen. Doch bei aller sprachlichen Besonderheit bleibt der Segen unverfügbar. Darum wird er auch immer in der Wunschform, also im Optativ bzw. Konjunktiv ausgesprochen. Es heißt: „Der Herr segne dich“, nicht: „Der Herr segnet dich.“ Der Segen hat seine Verheißung, er ist aber nicht mehr als Bitte und Fürbitte. Segen geschieht niemals durch den Vollzug an sich, sondern bleibt angewiesen auf das Wirken Gottes.
Doch wie wird nun gesegnet? Grundsätzlich gilt: durch das Wort. Ansonsten ist das Neue Testament hier sehr sparsam in seiner Beschreibung. So wird erwähnt, dass Jesus mal zum Himmel aufsieht (Lukas 9,16), dann seine Hände auflegt (Markus 10,16) oder auch die Hände aufhebt (Lukas 24,50). Daraus lässt sich wohl ableiten, dass wir beim Segnen die Hände nicht gebrauchen müssen, es aber wohl sollen. Oft weist uns ja die jeweilige Situation schon auf die angemessene Form hin. Bei einer gemeinsamen Segensbitte („der Herr segne uns“) öffnen wir die Handflächen nach oben. Bei einem direkten Segenswunsch („der Herr segne euch“) zeigen die geöffneten Handflächen zu den Menschen. Und bei einem Krankengebet („der Herr segne dich“) berühren wir vielleicht die Hand oder den Arm des Leidenden. Und es spricht natürlich auch nichts dagegen, die Hände einfach mal zu falten. Dennoch sind die geöffneten Hände ein starkes Zeichen der Verbundenheit, das viele Menschen als hilfreich empfinden.
Welche Form ist passend?
Wie kann nun ein Segen zum gottesdienstlichen Abschied aussehen? Ich möchte ein Modell anregen, dass ich als „vielgestaltige Form“ bezeichnen möchte. Der Begriff der „Form“ weist auf eine gewisse Struktur hin, die „Vielgestaltigkeit“ bezeichnet wiederum die Variation und Abwechslung. Beides ist ergänzend gemeint. Denn in meiner Wahrnehmung leiden unsere Segenswünsche häufig unter zwei Krankheiten: Magerkeit und Übergewicht. Mager sind solche Segensgebete, die monoton immer wieder nur eine Formulierung gebrauchen und auf Dauer allzu vorhersagbar scheinen. Übergewichtig können Segensbitten aber auch werden, wenn sie allzu lang und ausufernd wirken. Fast meint man dann ein Segensverständnis zu entdecken, das dem Motto „je mehr Worte, desto mehr Wirkung“ folgt. Konkret besteht die „vielgestaltete Form“ aus vier Elementen: biblisches Sendungswort, freies Segenswort, biblisches Segenswort und freier Abschiedsgruß.
- Biblisches Sendungswort: Gerade in der reformierten Tradition, die ja auch eine Quelle des frei-evangelischen Gottesdienstes bildet, werden Sendungsworte gerne gebraucht. Das sieht dann so aus, dass biblisch formulierte Sätze gebraucht werden, die möglicherweise die Predigt nochmals vertiefen oder auch ganz für sich stehen, wie etwa: „Ihr seid das Licht der Welt.“ (Matthäus 5,14) oder: „Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts.“ (Epheser 5,18).
- Freies Segenswort: Darauf kann eine Formulierung folgen, die den Segenswunsch für die Gemeinde individuell erweitert. Auch sie kann die Predigt, das vorangegangene Lied oder Ähnliches aufgreifen. Freier Ausdruck ist und bleibt ein wichtiges Kennzeichen lebendiger Gottesdienstkultur.
- Biblisches Segenswort: Darauf sollte dann aber auch eines der biblisch bekannten Segensworte folgen, wie etwa der sog. „Priestersegen“ (4. Mose 6,24-27), ein entsprechender Psalm (Psalm 121) oder einer der apostolischen Briefabschlüsse (z. B. 2. Korinther 13,13; Hebräer 13,20-21). Der Segen endet mit einem vernehmlichen Amen.
- Freier Abschiedsgruß: Auch die erwähnten Briefe enden nicht immer abrupt mit dem Segensgruß, sondern enthalten durchaus noch persönliche Wünsche oder Bekundungen (1. Korinther 16,23; Kolosser 4,18). So ist es oft auch angemessen, nach dem biblischen Segenswort, allen Anwesenden noch einen gesegneten Sonntag oder ähnliches zu wünschen. Ansonsten wirkt der gottesdienstliche Abschluss manchmal etwas kühl. Was allerdings unbedingt vermieden werden sollte, ist im Anschluss an den Segen, noch vergessene Informationen nachzureichen. Solche verspäteten Ankündigungen zerstören jede Atmosphäre.
Was ist sonst noch zu beachten? Gemeinden sollten im Blick haben, dass der sonntägliche Segen nicht ausschließlich vom Pastor oder der Pastorin gesprochen wird. Alle, die moderieren, dürfen und sollen hier Verantwortung übernehmen. Segen und Sendungswort sollten möglichst frei gesprochen werden. Alles Ablesen stört hier die Kontaktdichte empfindlich. Denn im Gegensatz zum Gebet sprechen die Segnenden ja die zu segnenden Menschen an. Das heißt konkret: Ich sehe die Menschen freundlich an.
Dr. Arndt E. Schnepper | Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach | th-ewersbach.de
Dieser Artikel erschien zuerst in der FeG-Zeitschrift Christsein Heute.
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