Der gute Start
Wie sich Gottesdienste eröffnen lassen – aus der Gottesdienstwerkstatt der Theologischen Hochschule Ewersbach
Alle, die Gottesdienste leiten, kennen die Last der ersten Minute. Alle Augen ruhen dann auf einer Person. Die Erwartung ist oft groß. Und dann die eigene Frage: „Wird es gelingen? Wie werde ich wahrgenommen?“ In aller Kürze lässt sich sagen, dass die sogenannte „Eröffnung“ einem Kegel ähnelt. Einmal geht es um den horizontalen Kreis, also die Gemeinschaft aller Anwesenden.
Freundliches Willkommen zeigen
Soll die Eröffnung gelingen, braucht es einen freundlichen Blick, eine herzliche Begrüßung, ein sympathisches Willkommen. Ob die Anwesenden mit „du“ oder „Sie“ angeredet werden, ist eine alte Frage. Fest steht, dass die gottesdienstliche Sprache grundsätzlich „per du“ ist. Schließlich siezen wir uns weder beim Segen noch beim Abendmahl.
Zu viele und zu rasche „Dus“ wirken auf erwachsene Menschen manchmal aber auch irritierend. Ein guter Weg ist es daher, beim Beginn inklusiv zu sprechen. Das bedeutet: Ich spreche die Menschen nicht direkt an, sondern stelle einfach den Kreis der Gemeinsamkeit her. So sage ich etwa: „Es ist gut, dass wir heute diesen Gottesdienst gemeinsam feiern können.“ In Gottesdiensten mit vielen Gästen ist es auch angemessen, sich selbst mit Namen vorzustellen.
Sodann geht es auch um die Ausrichtung, also im Bild: die Kegelspitze. Die miteinander Versammelten sollen ja in Gemeinschaft mit Christus gelangen. Dies wird ermöglicht durch ein Gebet, aber auch mittels eines Bibelwortes, wie etwa der Tageslosung, dem Wochenspruch oder einem selbstgewählten Bibelvers. Mancherorts ist es auch üblich, in der Eröffnung ein sogenanntes „Votum“ (Wunsch, Gebet) einzufügen. Dann sagt man etwa zu Beginn: „Ich begrüße uns alle im Namen unseres Herrn Jesus Christus“. Oder man schließt die Eröffnung folgendermaßen ab: „Wir feiern diesen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Damit wird die Vertikalität des Geschehens hervorgehoben: Wir alle sind von Gott eingeladen!
„Damit die Eröffnung des Gottesdienstes gelingen kann, braucht es vor allem Freundlichkeit. Alle Gäste im Gottesdienst sollen sich willkommen fühlen.“
Jakob Lange, Student der Theologischen Hochschule Ewersbach
Ton und Anlass miteinander verbinden
Welche Textbausteine in welcher Reihenfolge nun gewählt werden, lässt sich nicht für alle Fälle formulieren. Hier gibt es weniger ein „falsch“ oder „richtig“, sondern mehr ein „passend“ oder „weniger passend“. Viele Gemeinden pflegen oft ihren eigenen „Ton“. Und auch der Anlass ist entscheidend.
Eröffnen wir besondere Gottesdienste wie etwa anlässlich einer Hochzeit oder einer Beerdigung, wird es meist gesammelter und feierlicher vonstattengehen als sonst üblich. Dann wird die Eröffnung vielleicht sogar mit einer sogenannten „Benediktion“ (Segenswunsch) eingeleitet, wie wir es aus den apostolischen Briefeingängen kennen (z. B. Römer 1,7).
Ein möglicher Stolperstein bei Eröffnungen ist der sogenannte „Kaltstart“. Unvermittelt steht plötzlich jemand vorne und beginnt den Gottesdienst. Das überfordert die meisten Menschen. Es hilft dagegen, wenn der Anfang eingeleitet wird, etwa akustisch (z. B. durch Musik oder ein Lied) oder optisch (z. B. durch Verdunklung, Aufhellung oder einen Countdown). In jedem Fall sollten die am Gottesdienst Beteiligten vor dem Anfang auch den Anfang verkörpern. Dass Musiker oder Moderatoren eine Minute vor Beginn noch im Foyer stehen, ist kein gutes Signal. Schwierig wird es auch, wenn die Eröffnung zu lange dauert. Drei oder vier Minuten sind ausreichend!
Gottes Präsenz feiern
Und was vor allem zählt: Jede Gottesdiensteröffnung lebt von der Erwartung, die wir miteinander teilen. Es macht einen enormen Unterschied, ob wir allzu routiniert zur Sache gehen oder von der Verheißung Christi beseelt sind, dass er selbst durch seinen Geist präsent ist und uns etwas schenken möchte. Das spürt man den Leuten ab!
Und es motiviert auch ungemein, wenn diese Zuversicht sprachlich zum Ausdruck gebracht wird. Schließlich ist jeder Sonntag „der Tag des Herrn“ und jeder Gottesdienst daher auch ein kleines Osterfest, an dem Auferweckungsatmosphäre herrscht.
Dr. Arndt E. Schnepper | Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach | th-ewersbach.de
Dieser Artikel erschien zuerst in der FeG-Zeitschrift Christsein Heute.
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