FeG-Gottesdienst | Auf die Einzelnen kommt es an
Warum viel dafür spricht, die Gäste der Gottesdienste zu zählen| Aus der Gottesdienst-Werkstatt der Theologischen Hochschule Ewersbach
Wie viele Menschen besuchen durchschnittlich unsere Gottesdienste? Das ist eine Frage, deren Antwort leitende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kennen sollten. Und zwar nicht nur so ungefähr, sondern exakt als Zahl. Die Ziffer hinter dem Komma spielt hier keine Rolle. Aber sind es nun 50, 60 oder 90 Gäste, die regelmäßig am Sonntag kommen? Das macht einen erheblichen Unterschied aus.
Sprechen wir über die Zahl der Gottesdienstgäste, so gibt es bei manchen Verantwortlichen eine reflexartige Abwehr. Gerne wird dann auf das Motto „Qualität geht vor Quantität“ verwiesen. Stimmt das aber so? Dass gute Eigenschaften wichtig sind, wird niemand bestreiten wollen. Dass aber deswegen die Mengen nun unwichtig sein sollten, wird wohl auch niemand behaupten möchten. Beides gehört zusammen!
Besuchszahlen als Indikator
Zahlen verraten beileibe nicht alles, aber dennoch erzählen sie manches über unsere Gemeinde und ihre Gottesdienste. Hilfreich ist der Blick zu den Finanzen. Wenn eine Gemeinde unter erschwerten Bedingungen ihren vereinbarten Haushalt erreicht, ist das Anlass zur Freude. Wenn jedoch trotz ordentlicher Mitgliederzahlen nicht genügend Geld für die notwendigsten Aufwendungen zusammenkommt, so stimmt irgendetwas etwas nicht. Dann muss etwas getan werden! Und so kann auch die Zahl der Gottesdienstgäste durchaus als wichtiger Indikator für die Gemeinde dienen. Folgende Punkte sollen das näher erläutern:
1. In der Bibel wird gerne gezählt
Es ist Lukas, der in der Apostelgeschichte ganz unbekümmert die Menge der Gemeinde mit Zahlen quantifiziert. Ihm zufolge sind es vor Pfingsten etwa 120 Männer, die sich treffen (Apostelgeschichte 1,15).
Nach der Pfingstpredigt des Petrus kommen etwa 3.000 Menschen hinzu (Apostelgeschichte 2,42). Und bald lesen wir bereits von 5.000 Menschen, die zur Gemeinde gehören (Apostelgeschichte 4,4). Es hat ganz den Anschein, als zähle Lukas die Menschen, um Gottes Wirken zu dokumentieren.
2. Zahlen zielen auf Menschen
In seinem lesenswerten Buch „Wachstum ist kein Zufall“ (SCM R.Brockhaus) begründet der FeG-Pastor Markus Schmidt (Hannover) das Zählen in seiner Gemeinde so: „Wie viele andere Gemeinden auch, zählen wir unsere Gottesdienstbesucher. Dafür gibt es gute Gründe. Letztlich zählen wir Menschen, weil Menschen zählen. Jeder Einzelne ist vor Gott wichtig.“
Das ist ein entscheidender Punkt: Zahlen sind keine Menschen, aber sie stehen für Menschen. So wie der Hirte losgeht, um das „eine“ verlorene Schaf zu suchen (Lukas 15,4), so erinnern uns Zahlen an die vielen Menschen, die drohen, ohne Jesus verloren zu gehen. Darum sollten Zahlen keine Nebensache sein.
3. Zahlen schaffen Klarheit
Jesus verweist selbst einmal auf die Notwendigkeit, zu rechnen. Jeder kluge Mensch, so argumentiert er, kalkuliere wie ein Architekt oder ein Regent seine Vorhaben und entscheide dann (Lukas 4, 28 und 32).
Mit anderen Worten: Es gibt hinsichtlich des Gottesdienstes viele Wunschvorstellungen. Wir wähnen oft einen „guten Besuch“. Wenn wir aber anfangen zu zählen, stellt sich manchmal heraus, dass es alles gar nicht so rosig ist. Die ehrlich
en Zahlen bringen die Wahrheit ans Licht.
4. Zahlen setzen in Bewegung
Wer anfängt, die Gottesdienstgäste zu zählen, kennt den Schmerz: Man spürt hautnah, wie Wunsch und Wirklichkeit oft genug auseinanderklaffen. Und nun ist die alles entscheidende Frage, was aus den Schmerzen wird. Sollen es chronische Schmerzen oder Wachstumsschmerzen werden? Chronisch wird die Qual, wenn sie als Normalfall gedeutet wird. Etwa so: „Ja, es kommen wenige, zu wenige. Aber so ist das halt.“
Das alte FeG-Ideal, dass die Zahl der Gottesdienstgäste etwa der Mitgliederzahl plus zehn Prozent entspricht, wird dann sang- und klanglos entsorgt. Oder aber die Schmerzen werden zum Anlass genommen, über den eigenen Gottesdienst kritisch und konstruktiv nachzudenken. Vielleicht besucht man andere Gemeinden und schaut, wie sie es machen. Oder man bittet um Hilfe und Beratung von entsprechender Seite.
5. Zahlen wollen gedeutet werden
Zum Lob der Zahl gehört allerdings auch die Einsicht, dass die „nackte Zahl“ nur bedingt weiterhilft. Was in der Mathematik funktioniert, lässt sich nicht schlankweg auf das gottesdienstliche Leben übertragen.
Gottesdienste verfügen je nach Gemeinde und Umfeld über recht unterschiedliche Voraussetzungen. Christlicher Grundwasserspiegel, kirchliche Nachbarschaft, soziale Kontexte, gemeindliche Vergangenheit – alles sind Faktoren, die Einfluss auf den Gottesdienstbesuch nehmen können. Wir müssen auch diese Kräfte ernstnehmen, wenn wir über unsere Gottesdienstzahlen nachdenken.
6. Zahlen erfordern Charakter
Wer mit Zahlen umgeht, braucht Weisheit und Haltung. Denn auch sie können missbraucht werden. Sobald sie beispielweise positiv nach oben weisen, neigen wir dazu, den Erfolg uns selbst zuzuschreiben. Oder aber wir nutzen sie, um uns in der Außenwahrnehmung besser darzustellen.
Wer hier charakterlich nicht gefestigt ist, gerät schnell auf Abwege. Nochmal Markus Schmidt: „Das Problem beginnt, wenn man nicht deshalb zählt, weil Menschen zählen, sondern um selbst zu zählen.“
7. Zahlen weisen nach vorne
Neben Lesen und Schreiben gehört das Rechnen zu den wichtigsten Kulturtechniken der Menschheit. Nicht nur der Buchstabe, auch die Ziffer hat ihren Wert – sowohl im Alltag als auch in Gottes Reich. Zahlen können aber nicht nur messen, sie leiten auch zur Hoffnung an. Viele Gemeinden haben segensreiche Erfahrungen mit der Formulierung von Glaubenszielen gemacht. Worum geht es hier?
Zum einen: Glaubensziele sind messbare Ziele, das heißt, sie lassen sich mit Zahlen beschreiben. Sodann: Glaubensziele lassen sich nicht „machen“, man kann aber durchaus etwas für sie „tun“. Mit anderen Worten: Sie sind so gesteckt, dass sie nur mit Gebet und Gottes Wirken zu erreichen sind.
Gleichzeitig sind sie aber auch so verstanden, dass sie durchaus unser Engagement erfordern. Und zum Schluss: Glaubensziele werden erbeten. Sie spiegeln den Eindruck, welchen Weg Gott mit unserer Gemeinde im kommenden Jahr gehen kann. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sie natürlich nicht gottgegeben sind. Sie können später auch korrigiert werden.
Aha-Erlebnisse ermöglichen
Ein Beispiel: Wir nehmen als Ausgangsbasis unseren durchschnittlichen Gottesdienstbesuch von 70 Personen. Das mögliche Glaubensziel sieht eine jährliche Steigerung von zehn Prozent vor, was nach einem Jahr rund 77 Menschen entspräche. „Das können wir nicht machen“, mag jemand einwenden. Richtig, darum gilt es hierfür zu beten. „Wir wollen aber auch nicht nur in die Hände in den Schoß legen“, empfindet ein anderer. Auch das stimmt. Darum setzen wir uns zusammen, und überlegen, welche konkreten Schritte wir tun können, um unsere Gottesdienste einladender und anziehender zu gestalten. Beides gehört zusammen.
Warum noch warten, warum nicht starten? Zuverlässige Personen oder vielleicht das Technik-Team werden gebeten, regelmäßig alle Anwesenden zu zählen. Wenn es möglich ist, können auch die Kinder in Kindergottesdienst und Krabbelraum separat gezählt werden. Die Zahlen werden dann regelmäßig in der Gemeindeleitung erörtert. Aha-Erlebnisse sind garantiert. Mittels Gespräche und Gebet können dann Glaubensziele entwickelt und der Gemeinde vorgestellt werden. Die Reise in eine neue Zukunft kann beginnen.
Dr. Arndt E. Schnepper | Professor für Praktische Theologie an der Theologischen Hochschule Ewersbach | th-ewersbach.de
Dieser Artikel erschien zuerst in der FeG-Zeitschrift Christsein Heute.
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