Psalmen sind zum Beten da
Die biblischen Psalmen decken die ganze Bandbreite des Lebens ab: Sie sind Brücken und Vorlagen für das intensive Gespräch mit Gott und wollen weniger analysiert als vielmehr gebetet werden. Eine Anregung zu mehr Kreativität und Tiefe in der göttlichen Beziehung.
Sonntagmorgen – ich sitze im Gottesdienst der Freien evangelischen Gemeinde Wetter und freue mich auf Gemeinschaft, Lieder und die Predigt von Jakob Lange, ein Theologiestudent unserer Theologischen Hochschule Ewersbach. Ich wünsche mir, dass Gott durch seinen Geist, sein Wort und seine Menschen zu mir und zu uns als Gemeinde redet.
Psalmen predigen und auslegen
Im Zentrum des Gottesdienstes steht der Psalm 148 mit dem allumfassenden Halleluja: alle Engel, Gestirne, Tiere, alle Wetter, Naturformen, Landschaften sowie junge und alte Menschen sollen Gott loben. Jakob Lange liest den Psalm zu Beginn der Predigt und legt die Bedeutung der Bilder, Worte und Struktur klar aus. Darin finde ich mich wieder, denn in diesem Geist wurde ich am Theologischen Seminar Ewersbach zum Pastor und Prediger ausgebildet: nah am Bibeltext, christuszentriert und nah am Menschen dran.
Ich freue mich über den jungen Prediger, verfolge den Bibeltext parallel in Deutsch und Hebräisch auf meiner Smartphone-Bibel-App und lasse mich hineinnehmen und begeistern von dem Lob Gottes und der Freude über den Allerhöchsten. Engagiert lausche ich den Worten und bin dankbar für den zukünftigen Hauptamtlichen und die gründliche Ausbildung, die er an unserer theologischen Ausbildungsstätte genießen darf. Mir macht das Hoffnung für die Zukunft der Freien evangelischen Gemeinden: Junge Menschen lassen sich von Gott und Menschen berufen und vermitteln das Lob Gottes begeistert und begeisternd.
Doch etwas verwirrt war ich am Ende des Gottesdienstes schon: Wir haben eine Predigt erlebt zu einem Bibeltext, einem Gebet, das uns vorgelesen, erklärt und ausgelegt wurde. Etwas fehlte an diesem Morgen: Wir haben den Psalm gehört und betrachtet – ihn aber nicht gemeinsam gebetet.
Gebete sind zum Beten da
Stellen Sie sich vor, Sie sind zu einem Festmahl eingeladen. Auf dem Tischen stehen die feinsten Speisen und der Koch oder die Köchin erzählt Ihnen ausführlich und begeistert, wie die Gerichte zubereitet wurden und welche besten Inhaltsstoffe darin enthalten sind. Ihnen wird der Mund wässerig gemacht, aber am Ende dürfen Sie nichts davon essen.
So ähnlich geht es mir bei Psalmen, die nicht gebetet werden. Dadurch verlieren sie theologisch gesprochen ihren „Sitz im Leben“ und der Hunger wird durch Nicht-Beten nur noch größer. Psalmen sind für die Anwendung gemacht. Diese Gebete wollen gebetet und diese Lieder wollen gesungen werden. Die Kraft der Worte Gottes liegt nicht nur in der Erklärung, sondern in der Anwendung. Denn Psalmen sind zum Beten da!
Himmel hoch jauchzend – zu Tode betrübt
„Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir, mein Leib verlangt nach dir aus trockenem, dürrem Land, wo kein Wasser ist.“ (Psalm 63,2 | Lutherübersetzung (LU) | © Deutsche Bibelgesellschaft). So beginnt einer meiner persönlichen Lieblingspsalmen. David ist voller Sehnsucht nach Gottes Gegenwart. Er befindet sich in schwieriger Situation und betet in der Wüste Juda. Psalm 63 ist ein Gebet und ein Lied, das mir im Alltag immer wieder über die Lippen und in den Sinn kommt.
Wenn ein biblisches Buch die ganze Bandbreite des Lebens mit allen Höhen und Tiefen umfasst und diese in das Verhältnis zu Gott und seinem Volk setzt, dann sind es die 150 Psalmen. Nicht umsonst nennt Dietrich Bonhoeffer sie „Das Gebetbuch der Bibel“. Was man als Merkmal einer Person zuschreibt, deren Gemüt und Stimmung dazu neigt, in die Extreme auszuschlagen, trifft zu hundert Prozent auf die Gebete im Buch der Psalmen zu. Da reihen sich Jubel und tiefe Traurigkeit, Lob Gottes und (An-)Klage des Höchsten, freundliches Gesicht und blanker Hass unmittelbar aneinander. Die Psalmen bringen so gut wie jede Lebenslage zur Sprache – doch vor allem vor das Angesicht Gottes.
Dem Psalmbeter David und den anderen genannten und ungenannten Autoren sind keine Gefühls- und Lebenslagen fremd. Sie leihen mir und uns als versammelte Gemeinde und darüber hinaus ihre alten Worte, Sätze, Bilder und Ausdrücke – gerade für Situationen, in denen uns vor Ehrfurcht die eigenen Worte fehlen oder es uns vor Schock und Traurigkeit die Sprache verschlagen hat.
Psalmen-Anwendung pur
Diese Ausgabe der jetzt im Oktober seit 130 Jahren bestehenden FeG-Zeitschrift CHRISTSEIN HEUTE | DER GÄRTNER möchte Ihnen Mut machen, das Buch der Psalmen für sich persönlich und als Gemeinde neu zu entdecken. Und sich den Psalmgebeten vertrauensvoll und unmittelbar zuwenden: als Betender den Gebeten zuwenden. Nicht als magische Formeln, sondern als Vorlage, Steinbruch oder auch als Souffleur, um die Bandbreite des Gesprächs mit Gott zu erweitern und zu vertiefen.
Für die musikalische Lobpreiszeit in der FeG Wetter suche ich jedes Mal einen Psalm aus, den wir im Wechsel in Ausschnitten oder als ganze Passagen beten. Gerade in Ergänzung zu den gesungenen Liedern ist ihre Tiefe, aber auch manchmal ihre Anstößigkeit ein geistlicher Kontrapunkt zu manchem eher seichten Lobpreislied. Und eine seelsorgerliche Hilfe, das Erlebte der Woche Gott gegenüber gemeinsam in Worte zu fassen.
Diese Gebete der Bibel sind praktisch als Jahrespsalm hervorragend geeignet für Gruß- oder Geburtstagskarten: Einfach dem jeweiligen Alter entsprechend den Psalm anschauen und einen passenden Vers für die Zielperson aussuchen. Da habe ich schon einige ungewöhnliche geistliche Schätze für mich und andere Menschen gehoben.
Psalmen lassen sich auch hervorragend als Passworthilfe gebrauchen: Mit einer Kombination aus Stellenangabe oder den Anfangsbuchstaben der Worte und mit Satzzeichen, können sie zu Gebetsbrücken werden, um ins alltägliche Gespräch mit dem himmlischen Vater zu kommen.
Kreativ Eigene Psalmen beten
Wir ermutigen Sie in dieser Ausgabe von CHRISTSEIN HEUTE mit den Beiträgen von Christoph Rösel, Mirjam Kanwischer, Arne Kopfermann und Hella Thorn dazu, selbst kreativ zu werden und eigene Psalmen in Text und Bildform zu erstellen. Und dadurch zu erleben, dass diese für Sie persönlich, für die Gemeinde und für andere Menschen zu Beziehungsgebeten werden. Dabei sind der Kreativität im Gespräch mit Gott keine Grenzen gesetzt, wie König David es in 2. Samuel 6,4-16 vormacht: „Und David und ganz Israel tanzten vor dem HERRN her mit aller Macht im Reigen, mit Liedern, mit Harfen und Psaltern und Pauken und Schellen und Zimbeln.“ (LU).
Psalmen sind zum Beten da: mit Kopf, Stimme, Herz, Hand und Fuß – mit ganzer Seele eben. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und danke Ihnen für Ihre treue Leserschaft!
ARTUR WIEBE | Redaktionsleiter CHRISTSEIN HEUTE | christsein-heute.de
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