Autowerkstatt mit Mission
Freitagmorgen Ende Januar. Einer der FeG-Dienstwagen muss zum TÜV. Im Werkstattbüro angekommen empfängt mich nur eine Telefonklingel. Einer der Mechaniker ahmt nebenan die Kundenschelle spöttisch nach. Nach einiger Zeit kommt der Telefonhörer zusammen mit dem Autoexperten ins Büro. Ich stehe da und höre interessiert zu.
Plötzlich nehme ich zwischen Klingeln, Kundengespräch und Lärm des Druckluft-Schlagschraubers eine Stimme aus dem Radio wahr: „Hungernde speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Obdachlose aufnehmen, Gefangene befreien, Kranke besuchen und Tote bestatten.“ Ich denke, ich höre nicht richtig …! Als Pastor und Theologe erinnere ich mich an die messianischen Worte aus Jesaja 61,1–6, die Jesus Christus vor 2000 Jahren in der Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth vorliest (Lukas 4,16–21).
Werkstatt oder Gottesdienst?
Nachdem ich den Autoschlüssel und Fahrzeugschein abgegeben und einen Abholtermin ausgemacht habe, spreche ich den Chef auf das fromme Werkstattprogramm an: „Sag mal, ist das hier eine Autowerkstatt oder ein Gottesdienst?“, frage ich. „Beides“, antwortet er verschmitzt und verblüfft mich damit. „Bei uns läuft so manches anders. Wir hören hier bei uns WDR 4 …!“
Einige Recherchen später (kirche-im-wdr.de) finde ich heraus, dass am 20. Januar 2023 um 8:55 Uhr eine Andacht des katholischen Pfarrers Franz Meurer (Köln-Höhenberg und -Vingst) mit dem Titel „Werke der Barmherzigkeit“ über den Äther funkte. Darin ging es um den Wahlspruch der „Heiligen Elisabeth von Thüringen“: „In den Armen begegnet uns Gott“. Just an dem Morgen hörte ich in dem Werkstattbüro ihre „sieben Werke der leiblichen Barmherzigkeit“. Meurer motivierte die Hörerinnen und Hörer zu tätiger Liebe am Nächsten: „Was bin ich bereit zu investieren? […] Wie ich mich engagiere, entscheide ich selbst – das ist Barmherzigkeit.“
Evangelium im Alltag
Als Freikirchler mag man von Radio- oder Fernsehandachten halten, was man will. Nicht selten meinen wir, „besser“ zu glauben. Mit dieser Haltung im Herzen bleiben uns dabei oft die Haare in der medialen Suppe hängen, z. B. in den Morgenandachten des Deutschlandfunks oder beim „Wort zum Sonntag“ der ARD. Durch unseren fast automatisch eingepflanzten Richtgeist werfen wir die Möglichkeit über unsere frommen Klippen, dass solche Angebote Chancen für das Evangelium von Jesus Christus sein könnten. Wir vergessen dabei, dass diese Andachten nicht selten zu Worten Gottes werden und die Ohren und Herzen von Menschen erreichen.
Gott sei Dank schreitet sein Heiliger Geist einfach durch unsere Vorbehalte hindurch und bewegt Herzen, Hirne und Hände der Menschen, die im Alltag offen sind für sein Reden – die Gottes Worte gerade in dem Moment brauchen. So wie ich in diesem Autowerkstatt-Gottesdienst.
Menschen mit Mission
Ich wünsche mir von Herzen, dass wir als FeG-Gemeinden aus Menschen bestehen, die stets Gottes Mission und seine Reich-Gottes-Perspektive im Blick, im Ohr und auf dem Herzen haben – überall mit seinem Wirken rechnen und dann selbst Teil seiner Rede werden, indem wir Werke und Worte der Barmherzigkeit üben und sie ermöglichen, anstatt sie durch unseren frommen Feldzüge zu verhindern. Dankbar bin ich für Glaubensgeschwister, die mit dazu beitragen, dass Autowerkstätten und Wohnzimmer zu Gottesdiensten werden, weil durch sie im Alltag Wortfetzen Gottes hindurchziehen.
Foto: FeG Deutschland | NU
ARTUR WIEBE | Redaktionsleiter von CHRISTSEIN HEUTE | christsein-heute.de
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